„Womit verplempert ihr eigentlich eure Zeit?“ Das war die Reaktion, als ich einem Freund bei einem Bierchen von unserer monatlichen Wahl zum „Mitarbeiter des Monats“ berichtete. In unserer Gründerschmiede-Serie „Vertraulich“ lassen wir euch hinter die Kulissen der Gründerschmiede blicken. Heute erfahrt ihr von Gründerschmiede Geschäftsführer Christoph Imber, wie er sich nach einigen misslungenen Anläufen dann doch noch die Auszeichnung „Mitarbeiter des Monats“ verdiente.
Aber fangen wir vorne an. Dienstags steht bei uns im Team immer das wöchentliche Meeting an, bei dem wir uns auf den neusten Stand bringen. Welche GründerInnen sind gerade in der Beratung? Welche Netzwerkmitglieder könnten sie am besten unterstützen? Welche neuen Förderthemen gibt es? Wie lief die Woche in den sozialen Netzwerken? Wie ist der Stand bei unseren Veranstaltungen? Und welche Fortschritte gibt es bei Projekten wie dem Gründerquartier? Es gibt immer etwas zu bereden und zu planen, manchmal wird hitzig diskutiert, oft gelacht – ein idealer Nährboden für kreative Ideen. So ist dann wohl auch aus den Wörtern Schmiede und Meeting der Name „Schmieting“ für das wöchentliche Treffen entstanden und eben die Wahl zum „Mitarbeiter des Monats“.
In vielen Unternehmen gilt die Auszeichnung zum „Mitarbeiter des Monats“ als verstaubt und nicht mehr zeitgemäß. Studien berichten sogar, dass die Auszeichnung nicht motivierend, sondern ganz im Gegenteil demotivierend wirkt – vermutlich hauptsächlich bei dem Teil der Belegschaft, dem diese Ehre nicht zuteil wird.
Warum fand ich diese Auszeichnung trotzdem richtig und wichtig für unser Team? Und warum ist es für unsere Unternehmenskultur innerhalb der Gründerschmiede alles andere als Zeitverplemperung?
1. Keine Entscheidung im stillen Kämmerlein
Viele solcher Auszeichnungen beruhen auf dem Prinzip, das von „oben herab“ ein Mitarbeiter ausgezeichnet wird anhand von Unternehmenskennzahlen oder persönlichen Eindrücken seines Vorgesetzten. Die Entscheidung ist dann für die Belegschaft nicht immer nachvollziehbar und wirkt in der Tat im schlimmsten Fall demotivierend. Bei uns erfolgt die Wahl als offene und gemeinsame Teamentscheidung.
2. Jeder hat die Chance ausgezeichnet zu werden
Bei uns geht es nicht um das Erreichen von Unternehmenskennzahlen. Bei uns wird herausragendes Engagement geehrt. Gute Ideen und kreative Lösungen stehen dabei im Vordergrund und können von jedem Teammitglied erreicht werden. Jeder hat die Chance ausgezeichnet zu werden.
3. Reflexion der eigenen Leistungen
Wir nutzen die 5 Minuten der monatlichen Wahl, um uns gegenseitig zu verdeutlichen, was wir in diesem Monat für die Gründerschmiede erreicht haben. Welche Projekte wir vorangetrieben haben und welche Erfolge wir erzielt haben – allein oder als Team. Jeder reflektiert dabei seine Leistung.
4. Ehrliches Feedback ist richtig und wichtig
Nicht jeder kann mit Kritik umgehen. Genau so wie wir uns gegenseitig loben, müssen wir uns auch kritisieren lassen. Das führt nach meiner Vorstellung zu einer gesunden Fehlerkultur und weniger Missverständnissen sowie schwellenden Konflikten. Kurz: Das Fundament von guten Leistungen ist für mich gute Stimmung.
Lob und regelmäßige Wertschätzung sind in jedem Unternehmen von großer Bedeutung
Man erzeugt durch solche Mechanismen wie eine monatliche Auszeichnung also weder Demotivation, noch verschwendet man wertvolle Arbeitszeit, sondern man schafft eine Unternehmenskultur, bei der Aufgaben mehr Spaß machen und die Verantwortung jedes einzelnen für die zu erreichenden Ziele gesteigert wird.
Aber wie kann es dann bitte sein, dass in den ersten Monaten nach Einführung der Auszeichnung der Titel nur im Team untereinander verteilt wurde? Das ich als Chef nie gewählt wurde?
Anstatt in Demotivation zu verfallen, hat dies bei mir zu einer erhöhten Motivation geführt. Ich habe mir dann neben meiner (eigentlichen) Aufgabe den ein oder anderen „Bestechungsversuch“ überlegt. Die Schokoladenkiste aufgefüllt, jedem einen Gründerschmiede Mundschutz bestellt und auch an regnerischen Tagen freundlich einen „Guten Morgen“ gewünscht und siehe da – ich wurde „aufgrund meiner heroischen Leistungen“ erstmals zum „Mitarbeiter des Monats“ gekürt. Seitdem schaue ich tagtäglich stolz an meinem Arbeitsplatz auf meinen Ansteckbutton und insgeheim überlege ich mir, mit welchen besonderen Taten ich den Titel verteidigen kann.